In Schleswig-Holstein brüten jährlich knapp vierzig Paare der Wiesenweihe, ein wichtiger Anteil des deutschen Brutbestands dieses seltenen Greifvogels. Das Wildtierkataster stellt seit mehr als zwanzig Jahren den Schutz und die Erfassung der Wiesenweihe in Schleswig-Holstein sicher. Das Wildtier Kataster bittet alle Jägerinnen und Jäger bei Sichtung von Wiesen- und auch Rohrweihen diese umgehend zu melden und das Artenschutzprojekt wo möglich zu unterstützen. Sollten Sie nicht sicher sein, ob es sich um Weihen handelt, besuchen wir Sie auch gerne im Revier.

Bericht über das Jahr 2022: Neues von der Wiesenweihe in Schleswig-Holstein

Hauptsiedlungsräume 1995-2021

Seit 1995 wird der Schutz der Wiesenweihe in Schleswig-Holstein durch das Wildtier Kataster Schleswig-Holstein (WTK) im Auftrag des Umweltministeriums sichergestellt. Im Wesentlichen handelt es sich dabei um Nestschutzmaßnahmen, wie das Einzäunen der Nester mit Elektrozaun oder Drahtgittern um die seltenen bodenbrütenden Greife vor Raubzeug zu schützen. Die Bewirtschafter erhalten Ausgleichszahlungen für anfallenden Mehraufwand und Ernteverluste. Wichtig ist daneben aber auch die Überwachung des Gesamtbestandes in Schleswig-Holstein, der ebenso durch das WTK wahrgenommen wird.

Dieser entwickelte sich leider trotz intensiver Schutzmaßnahmen in den letzten zehn Jahren nicht zum Positiven, wie sich aus erkennen lässt. Gleichzeitig fiel auf, dass in den vergangenen 15 Jahren viele ehemals besiedelte Bereiche der Marsch nicht mehr zur Brut genutzt werden während die Zahl von Brutpaare auf der Geest und teils auch im Hügelland zunahm (siehe Hauptsiedlungsräume 1995-2021). Hinweise auf die Ursachen konnten in den letzten Jahren in einem durch das Ministerium finanzierten Forschungsprojekt ermittelt werden. Hierfür wurden Terzel der Wiesenweihe gefangen und mit Sendern versehen, um näheres zu ihrem Jagdverhalten in Schleswig-Holstein herauszufinden. Auf diese Weise kamen einige interessante Ergebnisse zutage:

– Brutpaare der Marsch kommen fast nur noch am Rande größerer Grünlandkomplexe vor und jagen gezielt in bestimmten Bereichen davon.

– Brutpaare der Geest finden sich dagegen in der „Normallandschaft“ und jagen gewissermaßen „rund ums Nest“.

– In allen Naturräumen sich die Brutplätze überwiegend in Getreide, ebenso wird in beiden Naturräumen vor allem Grünland zur Jagd bevorzugt. Vor allem intensiv gemähte Bereich sind für die Weihen besonders interessant.

Verbreitung 2022

Als Ursache für die über die letzten Jahre abnehmenden Brutpaarzahlen der Wiesenweihe in ackerbaulich dominierten Bereichen der Marsch, ist anzunehmen, dass dort das bevorzugte Jagdhabitat „Grünland“ flächenmäßig nicht mehr ausreicht oder von der Qualität nicht mehr tauglich ist. In solchen Bereichen vormals siedelnde Vögel sind vermutlich in andere Naturräume abgewandert.

Auf der Geest dagegen können die Wiesenweihen offensichtlich von einer in den vergangenen Dekaden intensivierten Schnittnutzung in Dauergrünland und Ackergras profitieren. Zwar steht den jagenden Weihen hier vom Flächenanteil her weniger Grünland/Ackergras zur Verfügung als in der Marsch. Dafür bietet das vorhandene Grünland aufgrund seiner schnittbetonteren und intensiveren Nutzung offensichtlich so gute Jagdmöglichkeiten, dass der geringere Flächenanteil aufgewogen wird. Dafür spricht auch, dass sich weder der Aufzuchtserfolg, noch die Größe der Jagdreviere zwischen Marsch und Geest unterscheiden. Leider kann aber offensichtlich die Zunahme der Paare auf der Geest nicht den Verlust derjenigen in den Ackerbauregionen der Marsch ausgleichen, so dass der Bestand insgesamt leicht rückläufig ist. Was also lässt sich daraus ableiten? Für die jeweiligen Naturräume müssen unterschiedliche Schwerpunkte gesetzt werden:

Für die Marsch (und mit geringerer Absicherung durch diese Studie auch für das Hügelland) wird empfohlen, bestehende gut geeignete und durch Wiesenweihen genutzte Grünlandkomplexe zu identifizieren, zu charakterisieren und sie in bestehender Nutzungform zu sichern. Sollten Mittel für Agrarumweltprogramme zur Verfügung stehen, könnten Anreizsysteme geschaffen werden um weitere Grünlandkomplexe in ähnlicher Weise für die Wiesenweihe attraktiv zu gestalten. In den Niederlanden bestehen darüber hinaus gute Erfahrungen mit entsprechenden Agrarumweltprogrammen in Ackerbauregionen. Für die Geest ist in der derzeitigen Kombination aus gut geeignetem Jagdhabitat und Bruthabitat der Schwerpunkt eher auf noch umfangreichere Nestschutzmaßnahmen zu legen, solange sich nichts Grundlegendes an der bisherigen landwirtschaftlichen Nutzung ändert.

Die Ergebnisse zeigen deutlich, wie wichtig es ist, nicht nur Schutzmaßnahmen zu ergreifen, sondern den Bestand auch langfristig zu beobachten. Allen Beteiligten Jägern und Landwirten sei an dieser Stelle herzlich gedankt!

Christian Hertz-Kleptow, M. Sc.

Kontakt: Christian Hertz-Kleptow M.Sc.

Christian-Albrechts-Universität zu Kiel

Institut für Natur- und Ressourcenschutz: Abteilung Landschaftsökologie

(Projekt Wildtier Kataster)