Im südwestlichen Bereich des Kreises Dithmarschen sind erstmals nachgewiesene Fälle der Viruserkrankung Myxomatose bei Feldhasen aufgetreten. Pathologische Untersuchungen des Landeslabors Schleswig-Holstein haben den Verdacht bestätigt, nachdem in den vergangenen Tagen zahlreiche kranke und verendete Feldhasen beobachtet worden waren. Besonders betroffen sind die Regionen Kaiser-Wilhelm-Koog, Dieksanderkoog und Friedrichskoog-Spitze, in denen auffällig viele Tiere mit typischen Krankheitssymptomen wie Apathie, Orientierungslosigkeit sowie stark geschwollenen und entzündeten Augen gesichtet wurden. Teilweise wurden verendete Tiere auch in Wohngebieten aufgefunden. Eine Probe des ersten untersuchten Feldhasen wurde durch das Friedrich-Loeffler-Institut positiv auf den sogenannten Toledo-Stamm getestet, der bei Feldhasen starke Krankheitsverläufe verursacht. Weitere Untersuchungen sind geplant.
Bei der Myxomatose handelt es sich um eine für Hasenartige hoch ansteckende und oft tödliche Virusinfektion, die ursprünglich aus Südamerik stammt und durch blutsaugende Insekten wie Mücken oder Flöhe, aber auch durch direkten Kontakt über Schleimhäute oder Hautverletzungen übertragen werden kann. Während das Virus lange Zeit fast ausschließlich bei Kaninchen vorkam, ist letztem Jahr ein besorgniserregender Anstieg von Krankheitsfällen auch bei Feldhasen in Deutschland zu beobachten. Für Menschen und andere Haustiere wie Hunde und Katzen stellt die Krankheit keine Gefahr dar.
Um die weitere Ausbreitung einzudämmen und den Bestand der Feldhasen zu schützen, ist die Mitwirkung der Jägerschaft entscheidend. Sichtbar schwer kranke Tiere dürfen auch außerhalb der regulären Jagdzeit im Rahmen von Hegeabschüssen entnommen werden, um unnötiges Leiden zu vermeiden. Wichtig ist hierbei die ordnungsgemäße Entsorgung: Die Kadaver gelten gemäß EU-Verordnung 1069/2009 als Material der Kategorie 1 und dürfen daher keinesfalls offen im Revier oder auf Luderplätzen verbleiben. Nach Abstimmung mit dem Ministerium für Landwirtschaft, ländliche Räume, Europa und Verbraucherschutz (MLLEV) sowie der Unteren Jagdbehörde ist die Entsorgung verendeter Tiere über die Geflügelpest-Tonnen an den Bauhöfen in Dithmarschen zulässig. Die Kosten für die Abholung durch das Entsorgungsunternehmen Rendac werden vom Land Schleswig-Holstein getragen.
Jägerinnen und Jäger werden gebeten, bei Reviergängen besonders aufmerksam auf das Vorkommen kranker oder auffällig verhaltender Feldhasen, insbesondere auch in bisher nicht betroffenen Revieren zu achten. Typisch sind Tiere mit stark eingeschränktem Fluchtverhalten, apathischem Zustand und blutunterlaufenen, eitrig entzündeten Augen. Um eine Einschleppung oder Verschleppung des Virus zu vermeiden, ist auf die gründliche Reinigung und Desinfektion von Kleidung, Schuhwerk und Jagdutensilien nach Aufenthalten in betroffenen Gebieten zu achten. Die Myxomatose stellt eine ernstzunehmende Bedrohung für die Wildtiergesundheit dar. Nur durch konsequente Maßnahmen, verantwortungsbewusstes Handeln im Revier und enge Zusammenarbeit mit den Veterinärbehörden kann die Ausbreitung nachverfolgt und der Feldhasenbestand in Schleswig-Holstein langfristig geschützt werden.
Darüber hinaus wird darum gebeten, Funde kranker oder verendeter Feldhasen möglichst über die Tierfund-Kataster-App zu dokumentieren. Die Eingabe von Fundort, Datum und ergänzenden Fotos der Tiere hilft dabei, das Ausmaß und den Verlauf des Seuchenzugs wissenschaftlich fundiert nachzuvollziehen. Eine möglichst lückenlose Erfassung ist entscheidend, um die Ausbreitung der Myxomatose regional und überregional besser beurteilen und geeignete Maßnahmen einleiten zu können.
Die Tierfundkataster-App können Sie kostenlos hier herunterladen:
Vor diesem Hintergrund bittet der Landesjagdverband Schleswig-Holstein: Bitte seien Sie bei Totfunden wachsam und lassen Sie diese im Zweifelsfall in Absprache mit der Vet.-Behörde untersuchen. Bislang galt die Erkrankung als kaninchenspezifisch und nur ganz sporadisch finden sich Nachweise von Myxomatose beim Feldhasen (Lepus europeus). Erste Fälle wurden in Frankreich und Irland in den 1950ern und zuletzt in Großbritannien 2014 beschrieben.
Die Liste der Veterinärämter finden Sie über den Link: Liste der Veterinärämter in Schleswig-Holstein
Die Myxomatose wird durch das Myxomavirus (MYXV), einem Virus aus der Familie der Pockenviren hervor gerufen. Bei Wildkaninchen kommt es deutschlandweit immer wieder zu Myxomatose-Ausbrüchen mit Mortalitätsraten von bis zu 90 %. Dabei sind v. a. Populationen mit hohen Bestandsdichten und einer geringen Immunität betroffen. Überragen wird das Virus durch Stechinsekten sowie Körperflüssigkeiten. Der Kaninchenfloh spielt bei Wildkaninchen die Hauptrolle als Überträger, aber auch Stechmücken übertragen den Erreger. Da im Jahresverlauf die Populationsdichte der Wildkaninchen im Spätsommer am höchsten ist und dann auch (klimatisch bedingt) die Hauptsaison der Stechinsekten ist, häufen sich die Myxomatose-Ausbrüche in unseren Breiten häufig im Monat August.
Weiterführende Hintergrundinformationen finden Sie auf den Seiten des Friedrich-Loeffler-Instituts: