Umweltminister Tobias Goldschmidt und Forstminister Werner Schwarz veröffentlichen den Jahresbericht 2023 zur biologischen Vielfalt

KIEL. Die fortschreitende Biodiversitäts- und Klimakrise gefährdet zunehmend unsere natürlichen Lebensgrundlagen. Anlässlich der heutigen Veröffentlichung des Jahresberichts zur biologischen Vielfalt waren sich Umweltminister Tobias Goldschmidt und Forstminister Werner Schwarz einig, dass die Sicherung der Artenvielfalt zu den bedeutendsten Herausforderungen unserer Zeit gehöre. Der aktuelle Bericht beleuchtet nicht nur die Entwicklung einzelner gefährdeter Arten, sondern schildert auch anhand vorbildhafter Projekte, wie Biodiversität auf die unterschiedlichsten Weisen gestärkt werden kann.

Umweltminister Goldschmidt: „Eine intakte Natur ist nicht nur wunderschön, sondern auch lebensnotwendig für uns Menschen. Wir müssen unsere Anstrengungen dringend verstärken, um den Verlust von Arten und Lebensräumen stoppen und bislang negative Trends wieder umzukehren. Die Biodiversitätsstrategie des Landes „Kurs Natur 2030“ ist hierfür die gemeinsame Richtschnur und für beide Häuser verbindlich!“

Forstminister Schwarz: „Die Jägerinnen und Jäger bei uns im Land sind wichtige Akteure, wenn es darum geht, für ein ausgewogenes Verhältnis der verschiedenen Arten Sorge zu tragen. Durch die Regulierung der Wildbestände leisten sie einen entscheidenden Beitrag zum Schutz der Wälder und zum Erhalt der Kulturlandschaft. Die im Bericht dokumentierten Jagdstrecken belegen, dass die Jägerschaft ihrer Aufgabe engagiert und zuverlässig nachgeht.“

Der Jahresbericht feiert zudem den 100. Geburtstag der Naturschutzgebiete: 1923 wurde in Schleswig-Holstein mit dem Naturschutzgebiet „Sylt, Ellenbogen, Morsum Kliff“ die erste Fläche in Deutschland komplett dem Naturschutz gewidmet. Dieser Meilenstein für den Erhalt besonders schützenswerter Naturlebensräume war der Beginn einer Reihe von mittlerweile 203 Naturschutzgebieten. Sie stellen nach wie vor ein unverzichtbares Instrument für den Erhalt und die Entwicklung von Lebensräumen dar. Der Bericht schließt mit Einblicken in die europäische Unionsliste der invasiven Arten und Berichten über Bestandsentwicklungen ausgewählter Tiere von Fischotter bis Sperlingskautz.

Beide Minister dankten den zahlreichen ehren- und hauptamtlichen Akteuren für ihren Einsatz und ihr Engagement bei der Erstellung dieses Berichts.

Den Bericht zur biologischen Vielfalt 2023 finden Sie hier.

Der Jahresbericht zur biologischen Vielfalt 2023 enthält unter anderem folgende Schwerpunkte:

Insektenfreundliche Modellgemeinden in Nordfriesland

In Anbetracht des weltweiten Insektenrückgangs gibt das Beispiel der Insektenfreundlichen Modellgemeinden in Nordfriesland ein positives Beispiel für erste Schritte aus der Krise. Unterstützt werden sie vom Deutschen Verband für Landschaftspflege und seinen regionalen Organisationen. So können die Kommunen ihr umfangreiches Potenzial bei der Steigerung der Biodiversität weiterentwickeln, etwa durch ein Entwicklungskonzept oder Grünpflege-Handbuch mit digitalem Flächenkataster. Vorreiter im Kreis Nordfriesland sind hier die Insel Pellworm sowie die Gemeinden Bordelum, Langenhorn und Koldenbüttel.

Insektenexpertise fängt in der Schule an

Um das Thema Insekten an weiterführenden Schulen als Thema für den Unterricht interessant und Schülerinnen und Schüler als zukünftige Spezialisten zu gewinnen, wurde das Projekt „Blütenbunt-Insektenreich“ ins Leben gerufen. Die Kieler Forschungswerkstatt (KiFo) am Leibniz-Institut für die Pädagogik der Naturwissenschaft und Mathematik (IPN) ist einer von drei Partnern im Projekt. Es soll auch in der heutigen Zeit noch bestehende, große Wissenslücken über Verbreitung und Ansprüche besonders ausgefallener Insektengruppen wie etwa Gallmücken füllen. Die Kinder bekommen im Rahmen von praxisorientierten Unterrichtseinheiten Basiswissen vermittelt. Ziel ist es, dass bei den jungen Menschen das Interesse geweckt und die Grundlagen für eine eigenständige wissenschaftliche Weiterentwicklung geschaffen wird.

Jagdliches Prädationsmangement im Rahmen von Artenschutzmaßnahmen

Große Teile der deutschen Wiesen- und Küstenvogel-Populationen leben in Schleswig-Holstein. Trotz intensiver Schutzbemühungen nehmen die Bestände weiter ab. Neben negativen Einflüssen wie etwa klimatischen Veränderungen sind auch Beutegreifer ein großer Einflussfaktor. Neue Beutegreifer sind zu den einheimischen hinzugekommen, neben Marderhund und Waschbär auch zunehmend der Mink. Um den europarechtlichen Verpflichtungen zum Erhalt der Vogelpopulationen nachzukommen, müssen daher Maßnahmen zum Schutz der Arten – etwa durch Verbesserung der Lebensräume und größere Bruterfolge – ergriffen werden. Dies geschieht auch über ein intensives jagdliches Management (Berufsjäger und Beteiligung der örtlichen Jägerschaft) und über Biotopgestaltung.

Vielfalt und gesunde Natur im Naturpark Schlei

Die Schleiregion im Nordosten Schleswig-Holsteins zeichnet sich durch eine Vielzahl einzigartiger Lebensräume für seltene Tier- und Pflanzenarten aus. Sie ist Teil des Europäischen Schutzgebietssystems NATURA 2000 und ausgewiesenes Fauna-Flora-Habitat- sowie Vogelschutzgebiet. 2008 wurde die schützenswerte Landschaft rund um die Schlei als Naturpark ausgewiesen. Der Naturpark Schlei e.V. setzt sich mit den Projekten Lokale Aktion Schlei (LAS) und Modellprojekt Schlei (MPS) für die biologische Vielfalt in der Schleiregion und eine Verbesserung des Umweltzustands ein. Dabei werden landseitige Lösungsansätze gemeinsam mit Akteurinnen und Akteuren aus Naturschutz, Kommunen, Land- sowie Wasserwirtschaft entwickelt und umgesetzt. Mit Landwirtinnen und Landwirten erprobt man neue Agrar-Umweltmaßnahmen, wie Blühstreifen an Gewässerrändern oder aus der Nutzung genommene Ackersenken. In der aktuellen Förderperiode liegt der Fokus zusätzlich auf Projekten des biologischen Klimaschutzes, wie zum Beispiel im Tolker Moor.

Arterhalt und Wiederansiedlung mit dem Projekt Fischhorizonte

Die Bestände vieler heimischer Fisch-, Muschel- und Krebsarten sind gefährdet. Das Projekt „Fischhorizonte“ organisiert und steuert Hilfsmaßnahmen, insbesondere den Besatz der Gewässer zum Arterhalt oder zur Wiederansiedlung. Auf diese Weise kann der dauerhafte Erhalt dieser Bestände gewährleistet werden. Finanziert wird das Konzept aus der Fischereiabgabe des Landes Schleswig-Holstein. Alle vorkommenden heimischen Fischarten werden in einem Zyklus von vier bis sechs Jahren einer fachlichen Bestandsaufnahme unterzogen. Anhand eines Kriterienkatalogs werden sie bewertet und einer Handlungskategorie zugeordnet, um die künftigen Förderschwerpunkte festzulegen. In der aktuellen Laufzeit wurde für 15 Arten ein Unterstützungsbedarf erkannt. Die Berücksichtigung der Auswirkungen des Klimawandels wird künftig eine größere Rolle bei der Fortschreibung des Konzeptes einnehmen.

Saatgut für Mischwälder

Für den Umbau der Wälder zu klimaresilienten Mischwäldern ist die kontinuierliche Verfügbarkeit von geeignetem Saatgut ein wichtiger Faktor. Mit der gezielten Entscheidung für Vermehrungsgut werden die Weichen für zukünftige Wälder gelegt. Das Forstvermehrungsgutgesetz entscheidet, welche Waldbestände als Ausgangspunkt dafür zugelassen werden, um geeignetes Vermehrungsgut zu gewinnen. Dieses bildet damit die Grundlage für zukünftige neue Wälder und wird unter der Aufsicht der Kontrollstelle des Landes gewonnen.

Wildbestandsermittlung und Abschussplanung

Die Ermittlung von Wildbeständen der größeren im Land vorkommenden Schalenwildarten Rot-, Dam- und Sikawild ist eine entscheidende Grundlage für die Aufstellung von Abschussplänen und somit für ein modernes Wildtiermanagement. Nicht zuletzt der Waldumbau hin zu klimastabileren Mischwäldern erfordert an die Ökosysteme angepasste Wildbestände. Zur Wahl stehen verschiedene Methoden, die bei gewissenhafter Anwendung verwertbare Ergebnisse für die Praxis liefern. Die möglichst genaue Erfassung des Geschlechterverhältnisses spielt in diesem Zusammenhang eine wichtige Rolle, da nur so der zu erwartende Zuwachs zuverlässig hergeleitet werden kann. Die Hegegemeinschaften sind aufgerufen, durch ihr Vorgehen verlässliche Grundlagen für die Wildbewirtschaftung zu liefern.

PM MLLEV/MEKUN

DOWNLOAD: Jahresbericht zur biologischen Vielfalt 2023 – Jagd und Artenschutz