Die Jagd- und Schonzeitenverordnung für Schleswig-Holstein soll angepasst werden. Im Fokus der Änderungen stehen Gänsearten und anderes Federwild. Die Frist zur Stellungnahme endet am 31. Mai 2024. Im Folgenden können Sie den Verordnungsentwurf sowie die zugehörige Begründung einsehen:

Änderung der Landesverordnung über jagdbare Tierarten und über die Jagdzeiten

Vom…

Artikel 1

Die Landesverordnung über jagdbare Tierarten und über die Jagdzeiten vom 6. März 2019 (GVOBI. Schl.-H. S. 59), geändert durch Artikel 1 des Gesetzes vom9. Januar (GVOBI. Schl.-H. S. 2), wird wie folgt geändert:

1. § 2 Absatz 1 wird wie folgt geändert:

a) Bei der Angabe zu „Ringeltauben“ wird die Angabe „1. November bis 31. Ja­nuar“ durch die Angabe „20. August bis 31. März mit der Maßgabe, dass die Jagd vom 20. August bis 31. Oktober und vom 1. Februar bis 31. März nur zur Schadens-abwehr und nur auf Tauben ausgeübt werden darf, die in Trupps auf Ackerland oder auf Neueinsaaten von Grünland oder Baumschulkulturen einfallen“ ersetzt.

b) Bei der Angabe zu „Graugänse“ wird die Angabe „1. August bis 31. Januar mit der Maßgabe, dass die Jagd in der Zeit vom 1. September bis 31. Oktober und vom 16. Januar bis 31. Januar nur zur Schadensabwehr auf gefährdeten Acker- und Grün-landkulturen ausgeübt werden darf“ durch die Angabe „16. Juli bis 31. Januar“ er­setzt.

c) Bei der Angabe zu „Kanada- und Nilgänse“ wird die Angabe „1. August bis 31. Ja­nuar“ durch die Angabe „16. Juli bis 31. Januar“ ersetzt.

d) Bei der Angabe zu „Nonnengänse“ wird die Angabe „1. Oktober bis 15. Januar mit der Maßgabe, dass die Jagd nur zur Vergrämung und lediglich in den Kreisen Nord­friesland, Dithmarschen, Pinneberg und Steinburg außerhalb von europäischen Vo­gelschutzgebieten und nur zur Schadensabwehr auf gefährdeten Acker- und Grün-landkulturen durchgeführt werden darf; die Notwendigkeit zur Abwehr erheblicher Schäden auf Grünlandkulturen muss zuvor durch einen anerkannten Sachverständi­gen festgestellt worden sein; die erlegten Nonnengänse sind in der Wildnachweisung gesondert zu erfassen“ durch die Angabe „1. Oktober bis 28. Februar mit der Maß­gabe, dass die Jagd nur zur Vergrännung außerhalb von europäischen Vogelschutz­gebieten und nur zur Schadensabwehr auf gefährdeten Acker- und Grünlandkulturen durchgeführt werden darf, auf denen der Grundeigentümer sich nicht vertraglich zur Duldung von Gänsen verpflichtet hat; die Notwendigkeit zur Abwehr erheblicher Schäden auf Grünlandkulturen muss zuvor auf Flächen, die außerhalb der Gänse-rastplatzkulisse liegen, durch einen anerkannten Sachverständigen festgestellt wor­den sein; innerhalb der Gänserastplatzkulisse muss der Schaden glaubhaft doku­mentiert werden“ ersetzt.

e) Bei der Angabe zu „Rabenkrähen“ wird die Angabe „20. Februar“ durch die An­gabe „28. Februar“ ersetzt.

2. § 2 Absatz 3 wird wie folgt geändert:

Die Wörter „Wildkaninchen und Füchse“ werden durch die Wörter „Wildkaninchen, Füchse und Dachse“ ersetzt.

Begründung

Zu Artikel 1
1

a) Zur Änderung der Jagdzeit auf Ringeltauben

Die Ringeltaube ist ein häufig vorkommender, heimischer Brutvogel, der lt. Roter Liste in Schleswig-Holstein etwa 60.000 Brutpaare und einen steigenden langfristigen Be-standestrend aufweist. Regionales Auftreten von Schwärmen sorgt für teils erhebliche Wildschäden in der Landwirtschaft. Um diesen zu begegnen, soll die Jagd auf einfal­lende Trupps zur Schadensabwehr zulässig sein.

b) Zur Änderung der Jagdzeiten in Bezug auf die Graugans

Graugänse zählen laut Roter Liste Schleswig-Holstein zu den häufig vorkommenden Brutvögeln mit etwa 8.000-8.500 Brutpaaren und einem Rastbestand von ca. 30.000 Tieren. Die Population ist ungefährdet und weist einen langfristig zunehmenden Be-standestrend auf.

Die Bejagung der europäischen Vogelarten unterliegt den Vorgaben der europäischen Vogelschutzrichtlinie (VSR). Dort befindet sich die Graugans in Anhang II, was eine Bejagung nach Artikel 7 ermöglicht, sofern diese nicht während der „einzelnen Phasen der Brut- und Aufzuchtzeit“ erfolgt.

Graugänse verursachen durch die steigenden Brut- und insbesondere Rastbestände besonders im Bereich von Ackerkulturen teils erhebliche Schäden, die ohne die Mög­lichkeit einer Bejagung nur schwer begrenzt werden könnten. Die vorgeschlagene Än­derung trägt diesem Umstand Rechnung, verlagert den Beginn der Jagdzeit auf den 16. Juli und streicht die Einschränkungen, die bis dato im September/ Oktober sowie in der zweiten Januarhälfte galten.

c) Zur Änderung der Jagdzeiten in Bezug auf die Kanada- und Nilgans

Sowohl Kanada- als auch Nonnengans gehören zu den etablierten Neozoen, die sich am Brutplatz recht aggressiv gegenüber anderen Wasservogelarten verhalten. Die Nil­gans ist darüber hinaus eine nach der Verordnung (EU) Nr. 1143/2014 seit 2017 als invasiv eingestufte Art. Um das jagdliche Gänsemanagement einheitlich zu gestalten, soll der Beginn der Jagdzeit auch für diese beiden Arten um zwei Wochen vorverlegt werden.

d) Zur Änderung der Jagdzeiten in Bezug auf die Nonnengans

Die Bejagung der Nonnengans ist aufgrund der Ausweisung in Anhang I der VSR grundsätzlich nach Artikel 5 der VSR bzw. § 44 Absatz 1 des Bundesnaturschutzge­setzes (BNatschG) grundsätzlich verboten. Eine Ausnahme vom Bejagungsverbot ist nur nach Maßgabe des Artikels 9 der VSR sowie der nationalrechtlichen Umsetzung in § 45 Absatz 7 BNatschG zulässig. Danach können die für Naturschutz und Land­schaftspflege zuständigen Behörden von den Verboten des § 44 im Einzelfall weitere Ausnahmen zur Abwendung ernster land-, forst-, fischerei- oder wasserwirtschaftlicher oder sonstiger ernster wirtschaftlicher Schäden zulassen, § 45 Absatz 7 Satz 1 Nr. 1 BNatschG.

Die hier zu treffende Regelung ist sowohl in formeller als auch in und materieller Hin­sicht rechtmäßig. In formeller Hinsicht ergibt sich die Regelungskompetenz des MLLEV für die Ausnahmeregelung innerhalb der Landesverordnung über jagdbare Tierarten und über die Jagdzeiten aus § 45 Absatz 7 Satz 4 und 5 BNatschG sowie aus der landesrechtlichen Subdelegation des § 17a Landesjagdgesetz (LJagdG). Nach § 45 Absatz 7 Satz 4 BNatschG können die Landesregierungen Ausnahmen auch allgemein durch Rechtsverordnung zulassen. Die Ermächtigung nach Satz 4 kann von der jeweiligen Landesregierung durch Rechtsverordnung auf andere Lan­desbehörden übertragen werden, § 45 Abs. 7 Satz 5 BNatschG. Nach § 17a LJagdG wird die oberste Jagdbehörde ermächtigt, unter Berücksichtigung der Erfordernisse des Naturschutzes und des Tierschutzes die Jagdzeiten für Wild durch Verordnung zu bestimmen.

Die getroffene Regelung erweist sich auch materiellrechtlich als rechtmäßig. Nach § 45 Absatz 7 Satz 2 BNatschG kann eine Ausnahme zur Abwendung ernster land-, forst-, fischerei- oder wasserwirtschaftlicher oder sonstiger ernster wirtschaftlicher Schäden nur unter bestimmten Voraussetzungen zugelassen werden, nämlich

  • wenn zumutbare Alternativen nicht gegeben sind und
  • sich der Erhaltungszustand der Populationen einer Art nicht verschlechtert […].

Darüber hinaus ist gemäß § 45 Abs. 7 Satz 3 BNatschG Artikel 9 Absatz 2 der VSR zu beachten. Diese Vorschrift enthält weitere Anforderungen an die Formulierung der Ausnahme, darin ist anzugeben

  • für welche Vogelarten die Abweichungen gelten;
  • die zugelassenen Fang- oder Tötungsmittel, -einrichtungen und -methoden;
  • die Art der Risiken und die zeitlichen und örtlichen Umstände, unter denen diese Abweichungen getroffen werden können;
  • die Stelle, die befugt ist zu erklären, dass die erforderlichen Voraussetzungen gegeben sind, und zu beschließen, welche Mittel, Einrichtungen und Metho­den in welchem Rahmen von wem angewandt werden können und
  • welche Kontrollen vorzunehmen sind.

Die Anforderungen des § 45 Absatz 7 Satz 2 BNatSchG werden erfüllt. Mit der hier vorgesehenen Regelung wird klargestellt, dass die Bejagung der Nonnengans nur zur Schadensabwehr auf gefährdeten Acker- und Grünlandkulturen erfolgen darf. Die dro­henden Schäden müssen nach der Regelung erheblich sein. Weiterhin wird klargestellt, dass eine Bejagung nicht auf Flächen zulässig ist, auf denen sich der Grundeigentü­mer vertraglich zur Duldung von Gänsen verpflichtet hat. Damit stellt die vorgesehene Bejagung auf diesen Flächen das mildeste Mittel zur Schadensabwehr dar; zumutbare Alternativen bestehen auf diesen Flächen nicht. Die betroffenen Flächen werden hierzu flurstückscharf im Meldesystem erfasst.

Die festgelegte Kulisse (Gänserastplatzkulisse) gibt an, in welchen Bereichen es in den vergangenen Jahren zu stark erhöhtem Nonnengansaufkommen gekommen ist, weshalb in diesen Bereichen eine hohe Wahrscheinlichkeit besteht, dass es in den vergangenen Jahren zu Wildschäden durch die erhöhte Zahl der Nonnengänse ge­kommen ist. Somit ist auch im aktuellen Jahr ein gravierender Schaden zu befürchten. Wird ein aktuell stark erhöhtes Gansaufkommen innerhalb der Gänserastplatzkulisse glaubhaft dokumentiert (Bestätigung des Landwirts oder des Jagdausübungsberech-tigten und ggf. Fotos), ist die Notwendigkeit des Vergrämungsabschusses hinreichend wahrscheinlich.

Die nachfolgenden Regelungen stellen zudem sicher, dass sich der Erhaltungszustand der Nonnengans nicht verschlechtert, da die Jagd lediglich zur Schadensabwehr er­folgt und die zu erzielenden Strecken keinen substanziellen Eingriff in die Population erwarten lassen.

Die Anforderungen des Artikel 9 Absatz 2 der VSR werden ebenfalls erfüllt. Insbeson­dere wird konkretisiert, dass die Ausnahmeregelung für die Nonnengans gilt. Die zu­lässigen Fang- oder Tötungsmittel, -einrichtungen und -methoden ergeben sich aus dem BJagdG und LJagdG. Außerdem werden ein klarer Zeitraum und eine klare Ku­lisse angegeben, in denen die Abweichungen gelten sollen. Ebenso ergibt sich aus dem Jagdrecht die Zuständigkeit der Jagdbehörde für die Erfassung und Kontrolle der Jagdstrecken und es wird auf die Notwendigkeit gutachterlicher Feststellungen außer­halb der Gänserastplatzkulisse hingewiesen.

e) Zur Änderung der Jagdzeiten in Bezug auf die Rabenkrähe

Die Rabenkrähe ist ein häufig vorkommender, heimischer Brutvogel, der lt. Roter Liste mit etwa 13.000 Brutpaaren in Schleswig-Holstein vertreten ist. Die Jagdstrecke lag im Jagdjahr 2022/2023 bei 27.598 Stück mit Schwerpunkten in Nordfriesland und Dith­marschen. Die Brutzeit beginnt Ende Februar mit dem Nestbau und der Verteidigung des Brutreviers, was eine Bejagung bis zu diesem Zeitpunkt zulässt.

2. Zur Aufnahme des Dachses in die Kulisse gemäß Absatz 3

In § 2 Absatz 3 der Verordnung werden mit Wildkaninchen und Fuchs zwei Wildarten aufgeführt, deren Bejagung aufgrund des überwiegenden öffentlichen Interesses am Deichschutz sowie der intensiven Wühltätigkeit dieser Arten „im Bereich der Deich­körper, Warften oder sonstiger Erhöhungen außerhalb der Seedeiche“ ganzjährig zu­lässig ist.

Zu diesen schädlichen Tierarten gehört auch der Dachs, für den bislang eine ganz­jährige Bejagungsmöglichkeit in diesen Bereichen nicht gegeben ist und nunmehr geschaffen wird.