Die Jägerschaft in Schleswig-Holstein beobachtet seit einiger Zeit eine Zunahme von erkrankten und verstorbenen Feldhasen bei gleichzeitig abnehmender Strecke. Die Ergebnisse der Taxationen zeigen ebenfalls, dass trotz relativ konstanter Frühjahrsbesätze die während der Herbstzählungen gezählten Hasen seit mehreren Jahren abnehmen. Deshalb haben das Institut für Terrestrische und Aquatische Wildtierforschung (ITAW) der Stiftung Tierärztliche Hochschule Hannover, in Kooperation mit dem Wildtier-Kataster Schleswig-Holstein (WTK SH) des Instituts für Natur- und Ressourcenschutz der Universität Kiel sowie dem Landesjagdverband Schleswig-Holstein e.V. (LJV SH) im Jahr 2016 begonnen, in einer vom Ministerium für Energiewende, Landwirtschaft, Umwelt, Natur und Digitalisierung des Landes Schleswig-Holstein (MELUND) finanzierten Studie, Feldhasen auf Infektionskrankheiten zu untersuchen.

Im Rahmen der mehrjährigen Studie, gelangten Hasen aus allen vier Hauptnaturräumen Schleswig-Holsteins zur Untersuchung (Marsch [n=184], Hohe Geest [n=49], Hügelland [n=33], Vorgeest [n=1]). Aus acht verschiedenen Revieren wurden zusammen mit den örtlichen Jagdausübungsberechtigten insgesamt 190 zufällig ausgewählte Feldhasen der Jagdstrecke entnommen. Zusätzlich konnten wir in Zusammenarbeit mit den Jägern insgesamt 79 Fallwildhasen in unsere Studie aufnehmen. Von jedem Tier wurden neben der Erhebung physiologischer Daten auch histologische, virologische, parasitologische und mikrobiologische Proben genommen. Das Auftreten von Tularämie (Francisella tularensis), sowie Rabbit Haemorrhagic Disease Virus Type 2 (RHDV-2) und European Brown Hare Syndrome Virus (EBHSV) wurde in Kooperation mit Fachinstituten überprüft. So konnten wir bereits über mehrere Jahre einen Eindruck des Infektionsgeschehens erhalten und revierspezifische Unterschiede feststellen, die wir nun in Folgestudien weiter aufzuklären versuchen.

Im Studienjahr 2019 zeigten die untersuchten Feldhasen eine durchschnittlich bessere Fitness und im Vergleich zu den Vorjahren wurden weniger pathologische Veränderungen diagnostiziert. Die vorkommenden, teilweise revierspezifischen Erkrankungen entsprachen weitestgehend denen der Vorjahre, wenn auch in oft geringerer Ausprägung. In den Untersuchungen konnte darüber hinaus nachgewiesen werden, dass nahezu alle getesteten Hasen bereits Kontakt mit dem EBHS-Virus hatten. So konnten einige Reviere als aktuelle Infektionsherde identifiziert werden.

Auch wenn die Ergebnisse dieser Studie einen verbesserten Gesundheitsstatus der Feldhasenpopulation andeuten, stellt dies nur eine Momentaufnahme dar und gibt keinerlei Prognosen über zukünftige Entwicklungen des Infektionsgeschehens. Neben der Schlüsselrolle des Feldhasen bei der Übertragung von Infektionserregern auf den Menschen, ist mit EBHSV eine hoch ansteckende und teilweise mit hohen Verlusten verbundene Erkrankung in der Hasenpopulation Schleswig-Holsteins vorhanden, die jederzeit zu revierspezifischen, massiven Populationseinbrüchen führen kann. Das Infektionsgeschehen der Hasen sollte daher auch in Zukunft im Rahmen eines regulären Monitorings überwacht werden, um rechtzeitig entsprechende Vorsorgemaßnahmen ergreifen zu können.

Gerade auch deshalb ist es wichtig weiterhin sehr eng mit den örtlichen Revierinhabern und Jagdausübungsberechtigten zusammenzuarbeiten, um ausreichend frischtote und verstorbene Feldhasen beproben zu können. Nach der sehr guten Zusammenarbeit mit der schleswig-holsteinischen Jägerschaft in den zurückliegenden Studienjahren, hoffen wir auch in 2020 auf Ihre Unterstützung bei der Beprobung von Feldhasen.

Wir bitten Sie daher, tot aufgefundene Feldhasen und Kaninchen oder eventuell als „erkennbar krank“ erlegte Feldhasen/Kaninchen (Hegeabschüsse) einzusammeln und uns diese schnellstmöglich nach dem Auffinden zu melden:

Ihre Ansprechpartner:

Tierarzt Marcus Fähndrich

Prof. Prof. h.c. Dr. Ursula Siebert

Telefon: 0511 856 81 54 (werktags)

Mobil: 0151 116 316 88 (rund um die Uhr erreichbar)

E-Mail: marcus.faehndrich@tihohannover.de

Die Tiere werden zeitnah bei Ihnen abgeholt. Bitte bewahren Sie diese bis dahin möglichst kühl auf (bitte vorerst nicht tieffrieren!).

Wir hoffen auch in diesem Jahr auf Ihre Mithilfe bei der Untersuchung krankheitsbedingter Rückgangsursachen des Feldhasen in Schleswig-Holstein!