Umweltminister Tobias Goldschmidt und Landwirtschaftsminister Werner Schwarz stellen gemeinsam den Jahresbericht 2022 zur biologischen Vielfalt vor. Umweltminister Goldschmidt: „Zwischen Klima- und Artenschutz gehört kein oder, sondern ein und“. Landwirtschaftsminister Schwarz: „Zum Schutz unserer Wälder und Kulturlandschaften und damit zum Erhalt unserer Artenvielfalt ist die Jagd unverzichtbar“
KIEL. Seit heute ist der Jahresbericht 2022 zur biologischen Vielfalt öffentlich. Die ehemals als Jagd- und Artenschutzbericht bekannte Publikation wird erstmals gemeinsam vom Ministerium für Klimaschutz, Energiewende, Umwelt und Natur sowie dem Ministerium für Landwirtschaft, ländliche Räume, Europa und Verbraucherschutz herausgegeben.
„Klima- und Artenkrise hängen untrennbar miteinander zusammen. Das ist der zentrale Befund dieses Berichts: Zwischen Klima- und Artenschutz gehört kein oder, sondern ein und. Der Jahresbericht legt schonungslos offen, wie in Folge von Hochwasserereignissen ganze Brutstätten von schützenwerten Vogelarten weggespült werden. Nahrungsketten junger Seeschwalben werden empfindlich gestört, da sie aufgrund klimatischer Veränderungen kaum noch Fische finden“, zeigte sich Goldschmidt besorgt.
Gleichzeitig zeige der Bericht, dass Schleswig-Holstein beim Artenschutz den richtigen Weg eingeschlagen habe: „Mit der Biodiversitätsstrategie haben wir uns als Land eine ambitionierte Agenda gesetzt, um die Artenschutzkrise einzudämmen. Die Digitalisierung ist auch im Naturschutz Trumpf: Wir verbessern fortlaufend die Kartierungen und Daten über den Zustand unserer Lebensräume und das Vorkommen bedrohter Arten. Das ermöglicht nicht nur gezielten Artenschutz vor Ort, sondern erlaubt auch, dass Planungen von Bau von Infrastruktur an den Bedürfnissen unserer Natur ausgerichtet werden können. Mit der „Artenkenner Offensive“ setzten wir als Land auf Informationen und Bildungsangebote für Jung und Alt – in Kitas, Schulen und auch für Lehrkräfte. Den Artenschutz fängt in den Köpfen an. Je mehr die Menschen in Schleswig-Holstein über verheerenden Auswirkungen der Artenkrise wissen, desto besser können wir sie als Gemeinschaft bekämpfen“, so Goldschmidt.
„Mit rund 22.000 Jagdscheininhaberinnen und Jagdinhabern gehören wir bundesweit zur Spitzengruppe. Als Forst- und Jagdminister begrüße ich es, dass sich auch immer mehr junge Menschen für diese anspruchsvolle Ausbildung begeistern können und somit einen wichtigen Beitrag zur Bewahrung der biologischen Vielfalt und des Naturhaushaltes leisten. Zum Schutz der Wälder und unserer Kulturlandschaften und damit zum Erhalt unserer Artenvielfalt ist die Jagd unverzichtbar“, sagte Landwirtschaftsminister Schwarz. „Und die aktuellen Strecken zeigen, dass die Jägerinnen und Jäger im Land Ihre Aufgabe ernst nehmen und auch in besonderen Zeiten Ihrem Auftrag zur Regulierung der Bestände nachgekommen sind. Bei nahezu allen Schalenwildarten sei die Jagdstatistik konstant hoch geblieben“, so der Minister.
Neben der Afrikanischen Schweinepest (ASP) stellt auch die Geflügelpest eine Gefährdung dar, die aktuell viel Aufmerksamkeit fordert und die Jagd beeinflusst. Beim Schwarzwild beispielsweise ist – aufgrund der verstärkten Bejagung im Rahmen der ASP-Prävention – ein starker Streckenrückgang von minus 26 Prozent zu verzeichnen. „Hier wird die Entwicklung in den kommenden Jahren zeigen, ob tatsächlich substantiell in die Population eingegriffen werden konnte“, sagte Schwarz.
Hintergrund
Der Jahresbericht zur biologischen Vielfalt 2022 enthält unter anderem folgende Schwerpunkte:
- Das neue Lebensraumtypenprioritätenkonzept des Landes (Stichwort: „Schutzgebietsoffensive“) legt zusammen mit der Biotopkartierung, den Fokus auf die prioritär erforderlichen Maßnahmen zur Umsetzung der Biodiversitätsziele der Europäischen Union. Kern des Konzeptes sind Maßnahmen zur Verbesserung der Lebensraumtypen. Die Prioritäten bei der Umsetzung der Maßnahmen im Wesentlichen aus dem bundesweiten Erhaltungszustand der jeweiligen Lebensraumtypen abgeleitet;
- Mit der „Artenkenneroffensive“ als Teil der Biodiversitätsstrategie bietet das Land Schleswig-Holstein zahlreiche Bildungsangebote zum Erhalt der biologischen Vielfalt an. Das Angebot umfasst Maßnahmen wie den „Senior-Naturbotschafter“ für Kindertagesstätten, „Draußen-Tage“ für pädagogische Fachkräfte mit besonderem Schwerpunkt Biodiversität, Angebots-Module zur Biodiversitäts-Projektwoche in der Sekundarstufe I zusammen mit dem IQSH und den Aufbau einer Lernwerkstatt Biodiversität. Ziel ist, das Bewusstsein für die Auswirkungen der Biodiversitätskrise zu schärfen und Wissen über einen bewussten Umgang mit der Natur zu entwickeln;
- Die Bemühungen der Landesregierung vorhandene Daten zu veröffentlichen und nutzbar zu machen sowie durch neue Wege bislang nicht zur Verfügung stehenden Daten zu ermitteln. Beispielhaft sei der in diesem Zusammenhang stehende Abschluss der landesweiten Biotopkartierung (2014 – 2020) sowie die Veröffentlichung der gewonnenen Daten genannt. Über das digitale Meldeportal im Projekt „Blütenbund-Insektenreich“ der Stiftung Naturschutz Schleswig-Holstein, des Deutschen Verbandes für Landschaftspflege und des Leibniz-Instituts für die Pädagogik der Naturwissenschaften und Mathematik im Bundesprogramm Biologische Vielfalt besteht für eine Reihe von Insektengruppen die Möglichkeit, Vorkommen auf digitalem Wege zu melden und auf diese Weise gesammelt verfügbar zu machen;
- Viele weitere Themen im Zusammenhang mit der Umsetzung der Biodiversitätsstrategie werden im Bericht vorgestellt: Berichtet wird über den Eutiner Schlosspark, als Gartendenkmal und Hotspot der Pflanzenartenvielfalt. Ein Beitrag über die Sandlückenfauna des Wattenmeers gibt faszinierende Einblicke in eine sonst für den Betrachter kaum zugängliche Lebensgemeinschaft. Beiträge zum Brutvogelmonitoring, Bestandsentwicklungen von Gänsepopulationen, die Rote Liste der Brutvögel Schleswig-Holsteins, das Rotmilanprojekt und Einblicke in die Welt des Fischotters runden das Bild ab.
- Neben den statistischen Erhebungen in dem Bericht gibt es in diesem Jahr auch zwei Fachbeiträge aus dem Jagdbereich: Ein Artikel befasst sich mit dem Wild-Wald-Konflikt und zeigt Lösungswege auf, wie diesem zwischen Waldbesitzern und der Jägerschaft dialogorientiert begegnet werden kann. Ein anderer Bericht befasst sich mit verschiedenen Fragestellungen rund um das Rotwild und zeigt, dass hier noch Handlungsbedarf besteht. Um einer genetischen Verarmung entgegenzuwirken, kommt der sinnvollen und realisierbaren Wiedervernetzung von Lebensräumen eine besondere Bedeutung zu. Die Weiterentwicklung des Wildwegeplanes ist dafür eine wichtige Grundlage.
PM MLLEV/MEKUN